Was wurde eigentlich aus...?
Verantwortlich: Anja Leuschner
Stand: 23.12.2024, 13:20 Uhr
Was wurde eigentlich aus…?
„Wir suchen Zeugen!“, „Wer hat etwas gesehen?“, „Hinweise aus der Bevölkerung nimmt das Polizeirevier XY entgegen“ - diese und andere Zeugenaufrufe sind oft Inhalt der Medieninformation und eine wirksame Methode in der Ermittlungsarbeit der Polizei. Informationen von Bürgern haben schon in vielen Fällen die Ermittlungen vorangebracht oder sogar zur Aufklärung beigetragen.
Aber was wurde eigentlich aus den vielen Zeugenaufrufen der Polizeidirektion Görlitz? Wir haben uns über 300 Fälle aus dem Jahr 2022 angesehen, bei denen wir die Bevölkerung um Mithilfe gebeten haben. In über 70 Fällen konnte ein Tatverdächtiger ermittelt werden.
In den kommenden Tagen berichten wir über einige dieser Fälle und darüber, wie die Polizei schließlich die Lösung des Rätsels fand.
Fall Nr. 1
15-Jährige vom Fahrrad gestoßen - Täter wollte Kiesgrube retten
Bezug: Medieninformation vom 2. August 2022
Ottendorf-Okrilla, Wachbergstraße/Kieswerkstraße
27.07.2022, 22:15 Uhr - 22:25 Uhr
Anfang August 2022 suchte die Polizei Zeugen zu einem Fall, welcher sich Ende Juli in Ottendorf-Okrilla ereignet hatte. Eine Jugendliche war von einem Unbekannten angegriffen worden.
Ein Rückblick
Die 15-Jährige fuhr mit ihrem Bike am späten Abend auf einem asphaltierten Waldweg in Richtung Am Wacheberg, als sie plötzlich kurz vor dem Abzweig Kieswerkstraße von einem alkoholisierten Mann vom Rad gezogen wurde. Sie stürzte und wurde verletzt.
Die Ermittlungen
Erste Ermittlungen führten zu einem 43-jährigen Deutschen welcher sich selbst offenbar als Retter bzw. Beschützer der Kiesgrube sah. Er hatte bereits vor diesem Fall immer wieder versucht Menschen mit Gewalt davon abzuhalten, in dem Gewässer zu baden oder sich auch nur dort aufzuhalten. Anhand eines Fotos identifizierte das Mädchen ihren Angreifer.
Parallel starteten die Kriminalisten des Kamenzer Reviers einen Zeugenaufruf. Sie verteilten diesen sogar in Papierform im Umfeld des Tatortes an die Bürger. Das sorgte dafür, dass mehrere „Altfälle“ aufgeklärt werden konnten. Auch hier hatte der Beschuldigte Menschen verletzt. Auf sein Konto gingen unter anderem ein locker geschlagener Zahn, ein gebrochenes Handgelenk und ein ausgerissenes Haarbüschel. Opfer waren hier junge Männer aus Dresden. Eine junge Frau, deren Fall bereits geschlossen und in diesem Zusammenhang noch einmal aufgerollt wurde, hatte bei der Befragung auch nach so langer Zeit noch merklich Angst.
Die Konsequenzen
Der Tatverdächtige wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und erhielt zudem verschiedene Auflagen. Seither ist er nicht mehr polizeilich in Erscheinung getreten.
Fall Nr. 2
Opel fährt Schlangenlinien - Volltrunkenen Fahrer ermittelt
Bezug: Medieninformation vom 22. April 2022
S 177 und S 181 zwischen Schönfeld-Weißig und Radeberg
21.04.2022, 11:15 Uhr - 11:45 Uhr
Nicht selten erhält die Polizei Anrufe von besorgten Bürgern, welche auf unsichere Autofahrer aufmerksam werden. Sie überholen riskant, bremsen scheinbar grundlos, stoßen gegen die Bordsteinkante oder geraten immer wieder über den Mittelstreifen und gefährden damit andere Verkehrsteilnehmer. Hier heißt es - Notruf wählen! Genau das taten im April 2022 gleich mehrere Bürger.
Ein Rückblick
Am 21. April 2022 bemerkten Zeugen auf der Landstraße zwischen Dresden und Radeberg wie ein bis dato Unbekannter mit seinem Opel in Schlangenlinien fuhr und immer wieder auf die Gegenfahrspur und in das Bankett geriet. Zudem soll der Fahrer mehrmals ohne ersichtlichen Grund stark gebremst und wieder beschleunigt haben. Zeugen schilderten:
„Ich dachte immer wieder, dass es gleich knallt!“
„Auch im weiteren Verlauf, hing es nur vom Zufall ab, dass es zu keinem Zusammenstoß mit anderen Fahrzeugen im Gegenverkehr kam.“
„Der Opel fuhr circa 10 km/h, dann beschleunigte dieser urplötzlich, um dann wieder abrupt abzubremsen. Er fuhr Schlängellinien und überfuhr die doppelte Mittellinie mehrfach. Ich bin dann mit gehörigem Abstand dahintergefahren.“
„Ich musste da reichlich ankern. Es war schon eine Gefahrenbremsung.“
Nur aufgrund der guten Reaktionsfähigkeit der anderen Verkehrsteilnehmer hinter dem Opel sowie im Gegenverkehr, kam es zu keinem Unfall und niemand wurde verletzt. Die Polizei nahm die Ermittlungen auf.
Die Ermittlungen
Dank der Übermittlungen der Bürger, sie teilten das Kennzeichen mit und beschrieben den Fahrer, führten die sofort eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen die Beamten zur Anschrift des Fahrzeughalters. Dort parkte der beschriebene Opel, samt schlafendem Fahrer darin. Die Polizisten weckten den 53-Jährigen und brachten ihn zur Blutentnahme. Offenbar konnte sich der betrunkene Russe kaum auf den Beinen halten. Das Ergebnis des Bluttests lautete später umgerechnet 3,49 Promille.
Die Konsequenzen
Für diese Fahrt im Vollrausch verurteilte ein Richter den 53-Jährigen zu einer Geldstrafe. Auch sein Führerschein wurde eingezogen und er erhielt eine Fahrerlaubnissperre.
Fall Nr. 3
Mit Messer bedroht - Tatverdächtiger wollte Jugendliche zu Halloween „erschrecken“
Bezug: Medieninformation vom 7. November 2022
Lauta, Schulstraße, Park
29.10.2022, 23:00 Uhr
Halloween - ein Tag zum Gruseln und sich gegenseitig Erschrecken. Ein Mann aus Lauta hat es damit vor zwei Jahren etwas zu weit getrieben.
Ein Rückblick
Am späten Abend des besagten Samstags befand sich eine Gruppe Jugendlicher im Park an der Schulstraße in Lauta, als sich plötzlich ein unbekannter Mann mit seinem kleinen Hund zu ihnen gesellte. Er trug eine Art Sturmhaube mit einem skelettartigen Muster und fragte zunächst nach alkoholischen Getränken. Daraufhin griff er einen 17-Jährigen unvermittelt an. Er hielt ihm offenbar ein langes Messer von hinten an den Hals. Die Waffe hatte er laut Aussagen des Geschädigten zuvor aus einem Holster an seinem Bein gezogen. Kurz darauf ließ er wieder von dem Jugendlichen ab. Der 17-Jährige blieb unverletzt. Der Angreifer selbst hatte sich jedoch offenbar Verletzungen an der Hand oder am Arm zugezogen, da der Angegriffene Blut an seiner Jacke bemerkte.
Die Ermittlungen
Der Kriminaldienst des Polizeireviers Hoyerswerda leitete Ermittlungen ein. Ein Teil dieser war auch die Veröffentlichung eines Zeugenaufrufes, inklusive der Beschreibung des Mannes sowie seines Vierbeiners.
Daraufhin erhielt die Polizei einen anonymen Hinweis zur Identität des Hundehalters. Weitere Recherchen des Ermittlers, auch in sozialen Netzwerken, führten zu einem damals 41-jährigen deutschen Tatverdächtigen. Er gab später zu, mit dem Messer im Park gewesen zu sein. Er hatte andere aufgrund von Halloween damit erschrecken wollen.
Der Beschuldigte leugnete jedoch, den Jugendlichen mit dem Messer bedroht zu haben. Dennoch ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Bedrohung. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Fall Nr. 4
Beleidigt und verletzt - Jugendliche greifen Gehörlose an
Bezug: Medieninformation vom 8. und 29. Dezember 2022
Hoyerswerda, Konrad-Zuse-Straße, Käthe-Niederkirchner-Straße
Hoyerswerda, Schöpsdorfer Straße, Lipezker Platz
16.09.2022 - 02.11.2022
Von September bis November 2022 hat in Hoyerswerda ein Trio von Jugendlichen ihr Unwesen getrieben. Ihre Opfer - zwei Hörgeschädigte.
Ein Rückblick
Beleidigung, Körperverletzung und Sachbeschädigung - so lautete der Vorwurf gegenüber mehreren Jugendlichen. Sie sollen an der Konrad-Zuse-Straße und Käthe-Niederkirchner-Straße mehrfach Personen mit Handicap angegriffen haben.
„Sie haben uns alle ausgelacht, weil wir uns in Gebärdensprache unterhalten haben.“
„Der eine Junge hat mir ins Gesicht gespuckt.“
„Sein Handy war kaputt und die Hände waren aufgeschürft.“
In einem Fall verfolgten die Drei eine 34-jährige Frau und einen 43-jährigen Mann. Die Unbekannten im Alter zwischen 14 und 16 Jahren schubsten, bespuckten und beleidigten die Geschädigten. Bei einem der Angriffe stürzte der Mann und wurde verletzt. Auch sein Handy ging dabei kaputt.
Die Ermittlungen
Die Ermittler leiteten umfangreiche Maßnahmen ein, darunter veröffentlichten sie auch einen Zeugenaufruf. Darin enthalten war eine detaillierte Beschreibung der Angreifer. Neben ihrem Erscheinungsbild wurden auch Angaben zu ihren üblichen Aufenthaltsorten und ihren Fahrrädern erwähnt.
Daraufhin meldeten sich einige Bürger, die Hinweise zu den möglichen Tätern gaben. Schließlich konnten die Tatverdächtigen, ein damals 16-Jähriger und sein 15 Jahre alter Komplize, identifiziert werden.
Die Konsequenzen
Aufgrund anderer Delikte und zu erwartenden Strafen wurden die Verfahren in diesen Fällen eingestellt.
Fall Nr. 5
Geldkassette gestohlen und aufgebrochen - Zeuge greift ein
Bezug: 1. Medieninformation vom 6. September 2022
Räckelwitz, OT Höflein
05.09.2022, 09:30 Uhr - 12:00 Uhr
Aufmerksame Bürger haben im September 2022 maßgeblich zur Aufklärung eines Einbruchs in Höflein beigetragen.
Ein Rückblick
Ein Unbekannter gelangte in ein Einfamilienhaus. Aus einem Büro stahl er zwei Geldkassetten. Darin befanden sich ein vierstelliger Betrag sowie persönliche Unterlagen. Sachschaden entstand nicht. Der Kriminaldienst des Polizeireviers Kamenz übernahm die Ermittlungen und suchte auch nach Zeugen des Einbruchs.
Die Ermittlungen
Im Rahmen der Ermittlungen meldeten sich einige Bürger, die verdächtige Beobachtungen rund um den Fall gemacht haben. Ein Zeuge beobachtete einen Täter beim Verlassen des Grundstücks.
Ein weiterer Zeuge bemerkte gegen Mittag einen Mann in der benachbarten Ortschaft Crostwitz. Er parkte mit seinem Wagen und hantierte anschließend hinter diesen mit Werkzeugen und einer der Geldkassetten.
„Er öffnete den Kofferraum und kurze Zeit später hörte ich Geräusche, wie als ob jemand gegen Metall schlägt.“
Der Bürger sprach den Unbekannten an und fragte, was er da tut. Der Mann wedelte mit einem Werkzeug und murmelte etwas in gebrochenem Deutsch. Anschließend lud er alles wieder ins Auto und wollte davonfahren. Da hatte er jedoch nicht mit dem beherzten Eingreifen des Bürgers gerechnet.
„Ich stieg schnell aus, öffnete den Kofferraum seines langsam rollenden Pkw und holte die Kassette raus.“
Der mutmaßliche Langfinger fuhr danach ohne Anzuhalten weiter in Richtung Siebitz.
Die Zeugenaussagen zum Auto und äußeren Erscheinungsbild des Mannes führten die Ermittler zu einem damals 62-jährigen ungarischen Tatverdächtigen.
Die Konsequenzen
Dieser steht noch immer in Fahndung. Sollte er von der Polizei aufgegriffen werden, wird er sich wegen des besonders schweren Falls des Diebstahls zu verantworten haben.