Großes Ziel: Paralympische Sommerspiele in Los Angeles
In den vergangenen Monaten war Jenny viel auf Achse und unter anderen in Österreich, Niederlande, Spanien und Schweiz unterwegs. Beim Weltcup in Italien konnten sogar die ersten Top 10 Platzierungen erzielt werden.
Langfristig wollen es die Radsportlerinnen zu den Paralympischen Spielen 2028 in Los Angeles schaffen.
Um einen Einblick in diese außergewöhnliche Sportart zu geben und mehr über Jennys sportliche Entwicklung zu erfahren, haben wir die Polizeimeisterin interviewt.
Interview mit PMin Jenny Hofmann
Ich habe bereits in der ersten Klasse mit verschiedenen Sportarten wie Tanzen, Radsport und Schwimmen begonnen. Beim Rad fahren hatte ich schon immer den meisten Spaß und wurde schnell erfolgreich, weshalb ich mich dann endgültig dafür entschieden habe. Seitdem gab es kein Jahr, in dem ich nicht sportlich aktiv war, hauptsächlich natürlich auf dem Fahrrad.
Wie bist Du zum Pararadsport gekommen?
Ich habe schon vor einigen Jahren internationale Wettkämpfe im Pararadsport verfolgt. Nach den Paralympischen Spielen 2021 hatte ich schon das erste Mal Kontakt mit dem damaligen Bundestrainer, Gregor Lang. Allerdings gab es zu der Zeit noch nicht die professionellen Voraussetzungen, um wirklich erfolgreich zu werden. Zudem hatte ich während der Coronapandemie zunehmend die Freude am Rad fahren und am Leistungssport verloren, weshalb ich mich erstmal dazu entschied, bei der Polizei Berufserfahrung zu sammeln. Im Nachhinein war das genau der richtige Schritt, die letzten eineinhalb Jahre waren wie eine Pause vom Leistungssport und ich habe die Leidenschaft, mit der ich damals angefangen habe, wiedergefunden. Zudem konnte ich mich beruflich weiterentwickeln und weiß nun, wo mein Weg hingehen soll.
Im letzten Sommer bin ich auf das neue Projekt in Freiburg aufmerksam geworden. Es hieß, dass dort zwei sehbehinderte Weltklasse Wintersportlerinnen im Sommer Pararadsport machen sollen, mit dem Ziel an den Paralympischen Spielen 2028 in Los Angeles teilzunehmen.
Schnell wurde der Kontakt durch den jetzigen Bundestrainer hergestellt und ich zu einem Trainingswochenende eingeladen. Dort musste ich verschiedene Tests fahren und durfte sogar schon mit einer Sportlerin Tandem fahren. Mir hat es auf Anhieb gefallen und meine Testergebnisse waren sehr gut. Mein Ehrgeiz nach sportlichen Spitzenleistungen war wieder erweckt. Ich erhielt die Zusage und seitdem bin ich dabei.
Trainierst Du auch in Deiner Freizeit? Wenn ja, welche Sportarten?
Wenn ich mal frei habe oder im Urlaub bin fahre ich sehr gerne mit dem Downhill Bike verschiedene Trails hinab. Yoga und Pilates gehören mittlerweile auch zu meinen Freizeitaktivitäten.
Trainingslager April 2024 - Olympiastützpunkt Freiburg - Schwarzwald mit Leonie Walter
Ich trainiere so gut wie jeden Tag, manchmal auch zweimal am Tag. In den vergangenen Wochen war ich sehr viel unterwegs. So haben wir beispielsweise Vorbereitungstage in Belgien (Weltcupvorbereitung) und im Raum Aachen eine Vorbereitung auf das WM-Qualifikationsrennen absolviert. Anfang Juni stand ein Trainingslager in Österreich an, dort überquerten wir die Alpen.
Natürlich gibt es auch mal »Ruhetage«, also Tage an denen kein Radtraining ansteht. An solchen Tagen gehe ich, wenn möglich, sehr gerne in mein Lieblingspilatesstudio in Leipzig.
Wie läuft das Training ab?
Das ist sehr verschieden. Wenn wir Grundlagentraining machen, fahren wir 4-6 Stunden in gleichmäßigem Tempo. Ein Intervalltraining dauert 2-3 Stunden und wechselt zwischen schnellen und harten Intervallen und lockerem Ausfahren. Einmal pro Woche steht auch Krafttraining auf dem Plan, da trainiere ich hauptsächlich die großen Muskelgruppen der Beine und baue sehr viele Übungen zur Kräftigung der Oberkörpermuskulatur ein.
In unserem letzten Trainingslager haben wir, in Vorbereitung auf den Zeitfahr-Weltcup, sehr viel Zeitfahrtraining mit dem Tandem gemacht. Hier wird 2-3 Mal 20 Minuten im Wettkampftempo gefahren. Der Trainingsplan ist von Woche zu Woche unterschiedlich und immer auf die Wettkämpfe ausgerichtet, die in Zukunft stattfinden werden.
Gibt es Besonderheiten beim Training?
Das Training mit dem Tandem ist anders als das Training, was ich alleine mache. Ich muss mit meiner Partnerin gemeinsam treten und somit auch dieselbe Trittfrequenz und Leistung (Watt) auf das Pedal bringen. Für sie ist es schwierig einzuschätzen, wann sie wie stark treten muss, sie sieht ja nicht, wann es beispielsweise bergauf geht. Außerdem bin ich als Pilotin für den Gang den wir treten verantwortlich, das heißt ich muss darauf achten, dass sie die Übersetzung auch treten kann, ansonsten kommen wir nicht voran.
Das Training im Straßenverkehr ist zudem etwas riskanter und man muss noch viel aufmerksamer sein, denn das Tandem ist schwieriger zu fahren und natürlich doppelt so lang, als ein normales Rennrad. Es gibt sehr viele Kleinigkeiten, die das Training besonders gestalten.
Welche Orte bleiben Dir in besonderer Erinnerung?
Als Wettkampfort fällt mir sofort die Niederlande ein. Ich bin dort sehr viele Rennen gefahren und es ist jedes Mal schön. Radsport ist in diesem Land ein Volkssport, es sind unzählige Zuschauer an den Strecken, die Straßen sind gut und es sind immer sehr viele Sportlerinnen mit hohem Leistungsniveau am Start.
Zu meinen Lieblingstrainingsorten zählen definitiv die Dolomiten in Italien, Zell am See in Österreich, St. Moritz in der Schweiz und natürlich das spanische Festland sowie Mallorca. Hier habe ich schon zahlreiche Trainingslager absolviert.
Welche Ziele habt ihr euch als Team gesetzt?
Langfristig wollen wir uns für die Weltmeisterschaften qualifizieren und im Jahr 2028 bei den Paralympischen Spielen um eine Medaille kämpfen. Auch einen Einsatz auf der Radrennbahn ist in Planung.
Weitere Impressionen
Wettkampf- und Trainingslagerberichte der Saison 2024
Weltcup Ostend - 2. bis 5. Mai 2024 mit Leonie Walter (sehbehinderte Sportlerin)
Die Wettkampfstrecke befand sich direkt am Strand der Nordsee, weshalb es extrem windig und die Strecke topografisch gesehen brettflach war. Wir konnten gut in unser erstes Tandemrennen starten und erste wichtige Erfahrungen sammeln. Leider waren wir noch nicht konkurrenzfähig mit den Topnationen und hatten keinen Einfluss auf das Renngeschehen.
Weltcup Italien - 16. bis 19. Mai 2024 mit Johanna Recktenwald (sehbehinderte Sportlerin)
In diesem Projekt wirkten zwei Pilotinnen (ich und eine andere) für die beiden sehbehinderten Sportlerinnen (Leonie Walter und Johanna Recktenwald) mit. Da die zweite Pilotin leider erkrankt ist entschied unser Bundestrainer, dass ich mit Johanna Recktenwald beim zweiten Weltcup in Maniago fahre, damit auch sie einen Weltcup absolvieren kann.
Wir konnten uns trotz der spontanen Änderung sehr gut zusammenfinden und überraschten mit zwei Top 10 Ergebnissen in einem sehr starken internationalen Feld.
Die Rennstrecken waren profiliert, sodass vom Start an ein ca. fünf Kilometer langer Anstieg durch schmale Gassen absolviert werden musste (insgesamt 10 Runden). Auch die Zieldurchfahrt war geprägt von engen Kurven und traditionellem Kopfsteinpflaster. Das Rennen gestaltete sich von Anfang an schnell und wir fuhren sehr viele Angriffe. Leider konnten wir Großbritannien und Irland noch nicht folgen und uns bis in die Zielrunde in der Verfolger/-Hauptgruppe halten. Es kam zum Schlusssprint, bei dem wir am Ende auf den 7. Platz landeten und somit ein super starkes Ergebnis für unser erstes internationales Radrennen erzielten. Wir waren mehr als zufrieden und sind sicher, dass wir in den nächsten Jahren den Sprung ganz nach vorn schaffen können.
Im Zeitfahren verlief das Rennen sehr gut und auch hier ist Platz 9 ein großartiges Ergebnis. Denn schließlich sind wir noch nie ein Rennen zusammen gefahren.
Die Nominierung für die Weltmeisterschaft in Zürich ist noch offen und wird im Juli durch den Bundestrainer erfolgen.
Ob die Paarung so wie in Maniago bleibt steht noch aus. Aufgrund der guten Ergebnisse aber durchaus wahrscheinlich. Sicher ist, dass ich den im August geplanten Bahnlehrgang, zusammen mit Johanna fahren werde. Leonie übt diese Disziplin generell nicht aus.
Alpenüberquerung - 27. Mai bis 1. Juni 2024 mit Leonie Walter und Johanna Recktenwald
Am ersten Tag sind wir (Leonie und ich) in Montreux (am Genfer See) gestartet und fuhren bis nach Albertville ca. 150 Kilometer mit 12.500 Höhenmetern. Wir sind aufgrund von starken Regenfällen sehr nass geworden und haben uns fast zum Ende der Etappe noch einen Vorderradschaden am Reifen zugezogen. Glücklicherweise konnte unser Mechaniker das Problem schnell beheben.
Am nächsten Tag ging es für uns (Leonie und ich) weiter nach Briancon (146 Kilometer mit 2.900 Höhenmetern). Absolutes Highlight war hier die Überquerung des Col du Lautaret (2.058 Meter). Es war ein sehr anstrengender, langer Tag (wir waren jeden Tag bis zu 6/7 Stunden unterwegs) und wir konnten bestes Wetter (Sonne, Wärme) genießen.
Den dritten Tag bestritt ich gemeinsam mit Johanna Recktenwald. Für uns stand eine weitere sehr bergige Etappe von 100 Kilometern und 2.400 Höhenmetern an nach Barcelomette. Hier passierten wir die Pässe Col DÍzoard (2.360 Meter) und den Col de Vars (2.108 Meter).
Am vierten Tag konnte ich aus gesundheitlichen Gründen leider nicht mehr weiterfahren und musste die Heimreise antreten.
Kommende Termine der Saison 2024
17. bis 25. August 2024 | Trainingslager Bahn in Frankfurt (Oder) |
6. bis 8. September 2024 | Bodenseerundfahrt (Wettkampf) |
21. bis 29. September 2024 | Weltmeisterschaft Zürich (wenn qualifiziert) |
Die Termine sind vorbehaltlich geplant, es kann jederzeit zu Änderungen kommen.