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Polizeidirektion Chemnitz und Staatsanwaltschaft gingen gegen krude Ideen vom 'neuen Deutschen Reich' vor

Medieninformation: 98/2021
Verantwortlich: Andrzej Rydzik
Stand: 03.03.2021, 08:00 Uhr

Gemeinsame Medieninformation
Polizeidirektion Chemnitz
Staatsanwaltschaft Chemnitz
 

Chemnitz/Landkreis Mittelsachsen

Polizeidirektion Chemnitz und Staatsanwaltschaft gingen gegen krude Ideen vom „neuen Deutschen Reich“ vor

(691) Seit August 2019 führte das Dezernat Staatsschutz der Chemnitzer Kriminalpolizei in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Chemnitz Ermittlungen zu der Internetseite www.trutzbund.org. Auf dieser frei zugänglichen Seite wurden seit dem Jahr 2017 tausende von Kommentaren von zahlreichen Nutzern online gestellt. Die bundesweit agierenden Nutzer verfassten ca. 10.000 Beiträge mit staatsschutzrelevanten Inhalten. Insgesamt 153 Verfahren leiteten die Ermittler ein. Mit Abgabe des letzten Verfahrens wurden die langwierigen und äußerst aufwendigen Ermittlungen nunmehr abgeschlossen. Die Initiatoren der längst vom Netz genommenen Internetseite, denen die Idee eines „neuen Deutschen Reiches“ vorschwebte, waren in Chemnitz und im Brand-Erbisdorfer Ortsteil Langenau zu finden.

Und so kam der sprichwörtliche Stein ins Rollen

Ein Zeuge war es, der sich im Sommer 2018 wegen der Internetseite www.trutzbund.org an das Landeskriminalamt Baden-Württemberg wandte. Vielfach hatten Nutzer u.a. die Grußformel „Sieg Heil“ oder andere faschistische und verfassungsfeindliche Parolen auf der Seite hinterlassen. Im Rahmen ihrer Ermittlungen sicherten baden-württembergische Ermittler den Datenbestand (rund 4 000 Gigabyte) der Internetseite und kamen dabei auf die Administratoren aus dem Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Chemnitz. Das Ermittlungsverfahren ging folglich an die hiesige Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft über.

Für die Kriminalisten des Dezernats Staatsschutz galt es fortan zu prüfen, ob ein 56-jähriger Chemnitzer und ein 58-jähriger Mann aus Langenau als Verantwortliche strafrechtlich relevante Kommentare geschrieben und tausende derartige Kommentare anderer auf der Internetseite freigeschaltet hatten. Infolge von Durchsuchungen in den Wohn- und Geschäftsräumen der beiden Tatverdächtigen kam jedoch weit mehr ans Licht. Hinter „Trutzbund“ steckte nicht einfach nur der Name der Internetseite, sondern eine Ende 2017 in der Schweiz gegründete esoterisch-rechtsnahe Vereinigung, der bundesweit ca. 260 Anhänger angehörten. Diese in mehrere sogenannte Gaue aufgeteilte Vereinigung hatte sich vorgenommen, die bestehende freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu zerschlagen und durch ein „neues Deutsches Reich“ zu ersetzen. Dieses Vorhaben ergab sich aus dutzenden sichergestellten Protokollen aus „Gau-Treffen“ der Anhänger, Handbüchern zum Aufbau der Gaue und Arbeitsmappen, aus denen hervorging, wie die neugeordnete Gesellschaft funktionieren sollte. Bei dem Chemnitzer sicherten die Ermittler überdies weitere Datenträger mit einer Datenmenge von rund 3 000 Gigabyte. In Anbetracht des gewaltigen Ermittlungsaufwands und der Prüfung des hinzugekommenen Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung wurde beim Dezernat Staatsschutz eine achtköpfige Ermittlungsgruppe gebildet.

Auch wenn in einigen Kommentaren auf der Internetseite von einem „Tag X“ die Rede gewesen war, ließen sich keine der Anhaltspunkte erhärten, dass der 56- oder der 58-Jährige mit ihrem „Trutzbund“ den gewaltsamen Umsturz geplant oder gar vorgehabt haben. Vielmehr bewerteten die Ermittlungsgruppe sowie die Staatsanwaltschaft die sichergestellten Schriften und Unterlagen als krude Ideen der beiden Tatverdächtigen. Was blieb, war die eingehende Prüfung des Straftatbestands des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gegen den 56- und 58-Jährigen sowie dutzende weitere Kommentatoren. Unter Zuhilfenahme einer eigens dafür programmierten Software konnten die Kriminalisten den Datenbestand der insgesamt rund 7 000 Gigabyte tatsächlich auswerten.

Im Ergebnis dessen ließen sich 59 weitere Tatverdächtige im gesamten Bundesgebiet ermitteln. Durch die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften wurden bereits einige Strafverfahren abgeschlossen. Sie hatten Strafbefehle mit erheblichen Geldstrafen beantragt. So erging beispielsweise gegen den 58-Jährigen aus Langenau ein Strafbefehl in Höhe von mehr als 10.000 Euro. Weitere Kommentatoren u.a. aus Chemnitz, Döbeln, Geyer, Lößnitz und Taura bekamen ebenfalls wegen des vielfachen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen Strafbefehle zugesandt, die mit Gesamtgeldstrafen zwischen 1 200 Euro und 10.500 Euro einhergingen. Die Beschuldigten haben teils Einspruch eingelegt, sodass sie sich vor den jeweiligen Amtsgerichten im gemeinsamen Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Chemnitz und der Staatsanwaltschaft Chemnitz verantworten werden müssen.

Gegen den 56-Jährigen Chemnitzer, den eigentlichen Spiritus Rector des „Trutzbundes“, wurde hingegen durch die Staatsanwaltschaft Chemnitz am 11.02.2021 Anklage erhoben − wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in 600 Fällen. Die Hauptverhandlung gegen ihn ist bislang noch nicht terminiert. (Ry)


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