Das Sächsische Polizeivollzugsdienstgesetz des Freistaates Sachsen (SächsPVDG) verpflichtet das Staatsministerium des Innern gemäß § 107 Satz 1 SächsPVDG die Öffentlichkeit jährlich über abgeschlossene Maßnahmen nach § 21 Absatz 2 und 3 SächsPVDG, § 57 Absatz 4 und 5 SächsPVDG, §§ 58 bis 69 SächsPVDG und über Datenübermittlungen im internationalen Bereich nach § 90 SächsPVDG zu informieren. Der Berichtspflicht unterliegen präventive Maßnahmen der polizeilichen Gefahrenabwehr, nicht solche der Strafverfolgung. Gemäß § 107 Satz 2 SächsPVDG hat der Bericht statistische Angaben über Anlass, Zweck, Dauer und Ergebnis solcher Maßnahmen sowie über die Benachrichtigung der Betroffenen und die Löschung der personenbezogenen Daten zu enthalten.
(1) Erteilung von Aufenthaltsverboten gemäß § 21 Absatz 2 SächsPVDG
Im Jahr 2021 wurde eine Maßnahme der Erteilung eines Aufenthaltsverbots nach § 21 Absatz 2 SächsPVDG abgeschlossen. Von der Maßnahme war eine Person betroffen. Anlass der Maßnahme war es, die betroffene Person von der Begehung von Straftaten gegen Leib oder Leben abzuhalten. Die betroffene Person beging im Maßnahmenzeitraum keine Straftat. Durch eine Anordnung nach § 21 SächsPVDG werden keine Daten erhoben. Die Maßnahme wird als gerichtliche Entscheidung betroffenen Personen bekannt gemacht.
(2) Offener Einsatz von technischen Mitteln zur Anfertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen („Bodycam‘“) gemäß § 57 Absatz 4 und 5 SächsPVDG
Das Sächsische Polizeivollzugsdienstgesetz regelt in § 57 den gefahrenabwehrenden Einsatz von körpernah getragenen Kameras (so genannte Body-Cam). Im Laufe des Jahres 2021 kamen sie erstmals in den Einsatz.
Temporäre oder dauerhafte Aufzeichnungen erfolgten in 59 Fällen. Dabei kam es in 15 Fällen allein zu einem temporären „Pre-Recording“ nach § 57 Absatz 4 SächsPVDG, da sich eine Lage abzeichnete, die sich zu einer konkreten Gefahr entwickeln konnte und in der die Deeskalationswirkung der Body-Cam bezweckt war. Bei dem Einsatz in diesem Modus werden die Aufzeichnungen automatisch nach 60 Sekunden wieder gelöscht. Ein Datenbestand ergibt sich nicht. In weiteren zwölf Fällen ging das Pre-Recording in eine dauerhafte Aufzeichnung nach § 57 Absatz 5 SächsPVDG über, da die Speicherung zur Eigensicherung gegen eine Gefahr für Leib oder Leben oder zum Schutz Dritter gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich erschien. In etwa der Hälfte dieser Fälle trat keine weitere Eskalation ein, so dass die Daten der Regellöschung nach 30 Tagen unterfielen. In den weiteren Fällen wurden die Daten zu Zwecken der Beweissicherung (Prüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme oder Beweiszwecke im Strafverfahren) fortgespeichert. In den verbleibenden 32 Fällen erfolgte unmittelbar eine dauerhafte Aufzeichnung durch eine Body-Cam. In etwa zwei Drittel der Fälle kam es mangels weiterer Erforderlichkeit zur Regellöschung der Daten nach 30 Tagen, in den verbleibenden Fällen erfolgte die weitere Speicherung fast ausschließlich zu Zwecken der Strafverfolgung. In zwei Fällen diente sie der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme. Die Dauer der entstandenen Aufzeichnungen (44 Fälle) betrug in etwa der Hälfte der Fälle maximal fünf Minuten, weitere zwölf Fälle bewegten sich zwischen sechs bis 15 Minuten, die übrigen Fälle verliefen unterschiedlich gemäß Einzelfallsachlage.
(3) Anlassbezogene automatisierte Kennzeichenerkennung gemäß § 58 SächsPVDG
Im Jahr 2021 wurden 63 Einsätze der anlassbezogenen automatisierten Kennzeichenerkennung abgeschlossen. Von diesen 63 Einsätzen entfallen 42 Einsätze auf die Polizeidirektion Görlitz und 21 Einsätze auf die Polizeidirektion Zwickau. Konkreter Anlass der Einsätze war
- die Sicherstellung gestohlener oder sonst abhandengekommener Kraftfahrzeuge oder Kraftfahrzeugkennzeichen gemäß § 58 Absatz 1 Nr. 2 SächsPVDG,
- die Verhinderung der Weiterfahrt von Kraftfahrzeugen ohne ausreichenden Versicherungsschutz gemäß § 58 Absatz 1 Nr. 3 SächsPVDG und
- die vorbeugende Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität gemäß § 58 Absatz 1 Nr. 4 SächsPVDG.
Die Gesamtdauer aller Einsätze betrug etwa 326 Stunden. Die durchschnittliche Dauer eines Einsatzes hat bei der Polizeidirektion Görlitz ca. fünf Stunden und bei der Polizeidirektion Zwickau ca. vier Stunden betragen. Im Rahmen der Einsätze wurden 1.060 Treffer systemseitig angezeigt. Davon wurden im Ergebnis 56 verifiziert. Von den verifizierten Treffern entfallen 40 Treffer auf die Polizeidirektion Görlitz und 16 auf die Polizeidirektion Zwickau. Festgestellt wurden:
- 30 Verstöße gegen das Pflichtversicherungsgesetz,
- vier Fälle von gestohlenen bzw. abhandengekommenen Kennzeichen,
- drei Unterschlagungen von Kraftfahrzeugen,
- ein Kraftfahrzeugdiebstahl und
- 18 sonstige Feststellungen (Ausschreibung Kfz-Kennzeichen in Verbindung mit einer Personenfahndung).
Infolge der AKES-Maßnahmen wurden von 56 Personen personenbezogene Daten verarbeitet. Die Benachrichtigung erfolgte im Berichtsjahr in diesen Fällen erst nach Abschluss der veranlassten Folgeverfahren (zum Beispiel Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz).
(4) Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung gemäß § 60 Absatz 1 und 2 SächsPVDG
Im Jahr 2021 wurden zehn Ausschreibungen zur polizeilichen Beobachtung abgeschlossen. Anlass der Ausschreibungen waren Tatsachen, die die Annahme rechtfertigten, dass die Betroffenen in absehbarer Zeit eine zumindest der Art nach konkretisierte Straftat von erheblicher Bedeutung begehen werden.
Ausgeschrieben wurden 16 Personen und elf Kennzeichen von Fahrzeugen. In einem Fall betrug die Dauer der Anordnung insgesamt zwei Jahre, in einem Fall 17 Monate, in sieben Fällen ein Jahr und in einem Fall sechs Monate. Zu den ausgeschriebenen Personen und Kennzeichen konnten in vier Fällen Erkenntnisse gewonnen werden. Sechs Ausschreibungen blieben ohne Feststellungen. Eine Maßnahme konnte aufgrund der Inhaftierung ausgeschriebener Personen vorzeitig beendet werden. In einem Fall wurde die Benachrichtigung der Betroffenen aufgrund eines laufenden Ermittlungsverfahrens durch die Staatanwaltschaft zurückgestellt. Im Übrigen wurden die Betroffenen und Mitbetroffenen durch die Polizei benachrichtigt. Erkenntnisdaten aus der Ausschreibung unterfallen einer Regellöschfrist von zwei Jahren.
(5) Ausschreibung zur gezielten Kontrolle gemäß § 60 Absatz 3 SächsPVDG
Im Jahr 2021 wurden vier Ausschreibungen zur gezielten Kontrolle abgeschlossen. Von den Ausschreibungen waren neun Personen erfasst. Anlass der Maßnahmen waren jeweils Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Betroffenen in absehbarer Zeit eine zumindest der Art nach konkretisierte Straftat nach § 100a Absatz 2 Strafprozessordnung (StPO) begehen werden. Anlass der Maßnahmen war die Verhütung der Begehung von Straftaten nach § 100a StPO. Aufgrund der Maßnahmen konnten keine Feststellungen getroffen werden. Die Betroffenen wurden benachrichtigt.
(6) Elektronische Aufenthaltsüberwachung gemäß § 61 Absatz 2 SächsPVDG
Im Jahr 2021 wurde eine Maßnahme der elektronischen Aufenthaltsüberwachung abgeschlossen. Von der Maßnahme war eine Person betroffen. Anlass der Maßnahme war, dass gegen die betroffene Person ein Aufenthaltsverbot angeordnet worden war, um sie von der Begehung von Straftaten gegen Leib oder Leben abzuhalten. Die betroffene Person beging im Maßnahmenzeitraum von einem Monat keine Straftat. Die Löschung der Daten erfolgte, soweit kein Erfordernis einer Weiterverarbeitung bestand.
(7) Längerfristige Observation mit verdecktem Einsatz technischer Mittel gemäß § 63 Absatz 1 SächsPVDG
Im Jahr 2021 wurden sechs längerfristige Observationen abgeschlossen. Anlass der Maßnahmen war in zwei Fällen das Vorliegen von Tatsachen, die darauf hinwiesen, dass eine Gefahr für Leben, Gesundheit, Freiheit einer Person vorliegt. In drei Fällen rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Betroffene eine konkretisierte Straftat von erheblicher Bedeutung begeht, in einem Fall begründete das Verhalten der betroffenen Person die konkrete Wahrscheinlichkeit der Begehung einer terroristischen Straftat in absehbarer Zeit. In zwei Fällen erfolgte die Observation durch Einsatz von Bediensteten der Polizei für drei Tage bzw. zwei Wochen. In einem Fall wurden technische Mittel zur verdeckten Bild- oder Tondatenerhebung über sechs Tage eingesetzt. In zwei Fällen wurde Technik zur Aufenthaltsermittlung für jeweils drei Monate eingesetzt. In einem Fall erfolgte die Observation durch Bedienstete der Polizei und durch technische Mittel zur Bild- oder Tondatenerhebung über einen Zeitraum von einem Monat. Im jeweiligen Maßnahmenzeitraum kam es zu keiner Konkretisierung der Gefährdung für die bedrohten Rechtsgüter bzw. zur Durchführung von Straftaten. In vier Fällen wurden die Betroffenen benachrichtigt. In einem Fall wurde die Benachrichtigung durch die zuständige Staatsanwaltschaft zurückgestellt. In einem Fall ist die Benachrichtigung entsprechend § 74 Absatz 2 Satz 2 SächsPVDG unterblieben. In drei Fällen wurden die Daten gelöscht, in drei Fällen wurden Daten weiterverarbeitet.
(8) Verdeckter Einsatz technischer Mittel außerhalb oder innerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenenWortes zum Schutz der beim Einsatz tätigen Person gemäß § 63 Absatz 1 Nr. 2 und Absatz 5, § 65 Absatz 3 SächsPVDG
Im Jahr 2021 wurden zwei präventive Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel außerhalb oder innerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes zum Schutz der beim Einsatz tätigen Person abgeschlossen. Anlass waren in beiden Fällen Tatsachen, die die Annahme rechtfertigten, der jeweilig Betroffene werde in absehbarer Zeit eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte Straftat von erheblicher Bedeutung begehen. Die Personenschutzsender wurden in dem einem Fall im Verlauf eines Tages, in dem anderen Fall an zwei Tage eingesetzt. Der Schutz der eingesetzten Person konnte gewährleistet werden. Eine Aufzeichnung ist während des Einsatzes nicht erfolgt. Über die Benachrichtigung der Betroffenen wird vor dem Hintergrund von Ermittlungsverfahren durch die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft entschieden.
(9) Wohnraumüberwachung gemäß § 65 SächsPVDG
Im Jahr 2021 wurde eine Maßnahme des Einsatzes technischer Mittel zu Datenerhebungen in oder aus Wohnungen abgeschlossen. Die Maßnahme wurde mit Kenntnis des Wohnungsinhabers vollzogen. Anlass waren Tatsachen, die die Annahme rechtfertigten, dass für den Wohnungsinhaber eine Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bestehen würde. Die Maßnahme erfolgte über einen Zeitraum von 19 Tagen. Die Gefahr realisierte sich nicht. Der Betroffene wurde inzwischen gemäß § 12 Sächsisches Datenschutz-Umsetzungsgesetz benachrichtigt, die erhobenen personenbezogenen Daten gelöscht.
(10) Überwachung der Telekommunikation gemäß § 66 SächsPVDG
Im Jahr 2021 wurde in drei Fällen Telekommunikation überwacht. In einem Fall war Anlass, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass von dem Betroffenen eine Gefahr für Leib oder Leben anderer Personen ausgeht. In einem Fall lagen Hinweise vor, dass der Betroffene mit einer Person kommunizieren wird, von der eine Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit des Betroffenen ausgeht. Im dritten Fall begründete das Verhalten der betroffenen Person die Annahme, dass diese in überschaubarer Zeit eine konkrete terroristische Straftat begehen werde. Die Überwachung der Telekommunikation erfolgte in einem Fall für drei Monate und in den anderen Fällen für einen Monat bzw. einen Monat und elf Tage. Im Maßnahmenzeitraum kam es zu keinen Schäden für die Rechtsgüter bzw. zu keinen Straftaten. Die Betroffenen wurden in allen Fällen benachrichtigt. Die erhobenen personenbezogenen Daten wurden in zwei Fällen gelöscht, in einem Fall wurden die Daten weiterverarbeitet.
(11) Verkehrs- und Nutzungsdatenerhebung gemäß § 67 SächsPVDG
Im Jahr 2021 wurden in zwei Fällen Maßnahmen nach § 67 SächsPVDG durchgeführt. In einem Fall wurden Verkehrsdaten gemäß § 67 Absatz 1 SächsPVDG zur Durchführung einer nachfolgenden Standortbestimmung nach § 68 Absatz 1 Nr. 2 SächsPVDG erhoben. In dem anderen Fall wurden Verkehrs- und Nutzungsdaten erhoben. Anlass der jeweiligen Maßnahmen war in einem Fall das Vorliegen von Tatsachen, die eine Gefahr für Leib oder Leben einer Person begründeten. In dem anderen Fall begründete das Verhalten des Betroffenen die konkrete Wahrscheinlichkeit der Begehung einer terroristischen Straftat. Im Maßnahmenzeitraum, in einem Fall wenige Stunden, im anderen ein Monat, konkretisierten sich die Gefahren für die bezeichneten Rechtsgüter nicht, bzw. kam es zu keiner Straftatenbegehung. Die Benachrichtigung der betroffenen Personen erfolgte. In einem Fall wurden relevante personenbezogenen Daten weiterverarbeitet, im anderen Fall konnten die erhobenen Daten gelöscht werden.
(12) Lokalisierung und Identifizierung von Telekommunikationsendgeräten gemäß § 68 SächsPVDG
Im Jahr 2021 wurde in zwei Fällen der Standort bzw. die Identität von zur Telekommunikation genutzter Endgeräte ermittelt. Anlass war in beiden Fällen das Vorliegen von Tatsachen, die eine Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit von Personen begründete. Die Einsätze waren erfolgreich, führten also zur Lokalisierung bzw. Identifizierung. Die Benachrichtigung der von der Maßnahme betroffenen Personen erfolgte in beiden Fällen. Die erhobenen personenbezogenen Daten wurden in beiden Fällen gelöscht.
(13) Datenübermittlungen im internationalen Bereich gemäß § 90 SächsPVDG
Im Jahr 2021 wurden in zwei Fällen personenbezogene Daten gemäß § 90 SächsPVDG übermittelt. In beiden Fällen ging es um Erkenntnisanfragen im Zusammenhang mit der Aufenthaltsermittlung vermisster Personen. In einem Fall konnte der Aufenthalt geklärt werden, in dem anderen Fall nicht.